Guckelmühle bei
W E Y E R
Oberlahn

Einladungskarte,
Pfingsten 1928

Zur Erinnerung an das Sänger- u. Heimatfest zu Weyer (Oberlahn) Pfingsten 1928


Tuchfabrikation – Die Niedermühle – Tuchversand

siehe auch:
Guckelmühle

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Klaus-Dieter Ehrhardt: Die Mühlen in Weyer, in: 1200 Jahre Weyer (790–1990), S. 217–221

Die Niedermühle

Es ist anzunehmen, dass schon um die Zeit des Dreißigjährigen Krieges die oder eine Niedermühle (auch Untermühle genannt) existierte. Wie bereits im Heimatbuch von Otto Dänner erwähnt, wird die Niedermühle, wie auch die anderen Mühlen in Weyer, erstmals 1622 urkundlich erwähnt. Sie war bis zu ihrer Verpfändung Eigentum des Fürsten zu Wied. Über die weiteren Besitzer liegen nur sehr lückenhafte Erkenntnisse vor. In den Kirchenbüchern werden für die Zeit von 1692 bis 1710 zwei Familien Ohl und eine Familie Mathei als Pächter aufgeführt. Eine Art Buchführung über Zins und Pacht erfolgt in der „Akta Mühlensachen in der Herrschaft Runkel“ von 1765. Als damaliger Eigentümer ist ein Rat Emmermann aus Diez angegeben. Zu den weiteren Eigentümern gehörte ein Dr. Eisfeld in Runkel und ein Medizinalrat Wendelstein in Wetzlar. Interessant mag der Vermerk sein, dass die Mühle eine Zeitlang stillgelegt war, da der Bach wegen des „Kunstschachts“ der Grube Alte Hoffnung abgeleitet wurde. Der Mühlenbetrieb ruhte wahrscheinlich zwischen ca. 1760 und 1807. Die Gebäude wurden ausschließlich zu Wohnzwecken genutzt.

Aus der Zeit um 1809 wird als Pächter der Niedermühle Anton Fink genannt, der in diesem Jahr die Obermühle erwarb und mit seiner Familie dorthin zog.

Mit dem 21.6.1811 ging die Niedermühle durch Erbleihvertrag in den Besitz des Schultheiß ('Scholtes') Johann Philipp Heyl (1770–1853) über. Dieser zahlte dem Medizinalrat Wendelstein 500 Goldgulden in bar, und weitere 1000 Goldgulden blieben als Grundschuld stehen bei einem jährlichen Abtrag von 44 Goldgulden. In der Zeit von 1811 bis 1820 war die Niedermühle verpachtet. Als Pächter werden Andreas Schlesinger, Johann Frieß und Jakob Ahrheiliger genannt. Da es offensichtlich Differenzen zwischen Pächtern und Besitzer gab, betrieb Letztgenannter die Mühle von 1820 an selbst. Über seinen Sohn Johann Christian, der die Mühle 1824 übernahm, setzte sich die Reihe fort zu Johann Georg Christian Heyl, Christian Jakob Heyl, Christian Heyl und August Heyl. Von 1949 bis 1959 war das Anwesen – mit Ausnahme des ehemaligen Backhauses, welches im Besitz der Familie Werner ist – an Wilhelm Barthelmes und Rudolf Weidl verpachtet. Es stand dann bis zur Übernahme 1964 durch den heutigen Eigentümer, Hans Heyl, leer.

Die Niedermühle veränderte sich im Laufe ihrer Geschichte in baulicher als auch in nutzungsmäßiger Hinsicht. Beispielsweise wurde 1835 das alte Wohnhaus abgerissen und ein neues Fachwerkhaus erstellt. 1839 entstand eine neue Scheune, 1851 wurden Schweine- und Pferdeställe errichtet. Mit dem Backhaus – dem heutigen Wohnhaus von Frau Edith Werner – kam 1889 eine funktionale Erweiterung des Anwesens hinzu. Es ist nicht genau bekannt, ab wann dort gebacken wurde. In den ersten Jahren wurde das Gebäude nämlich nicht als Backhaus genutzt, sondern diente als Wohnung, unter anderem dem Förster Melchior. Sicher ist noch vielen Weyerer Bürgern die Kriegszeit und die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg in Erinnerung, als der Bäcker Ludwig Ebel („Guckelmillersch“) dort Brot buk und als Willi Barthelmes mit dem Pferdefuhrwerk das Brot ausfuhr (bis 1947).

Neben dem für eine Mühle typischen Mahlen und Backen wurden durchaus auch andere handwerkliche Tätigkeiten betrieben. Von 1920 bis 1938 war in der Mühle (im ersten Stock) eine Weberei mit zwei mechanischen Webstühlen untergebracht, während des Zweiten Weltkrieges und einige Jahre danach (bis 1948) beherbergte die Niedermühle eine Kistenfabrik und ein Sägewerk.

Bei einem Brand am 31.12.1933 wurden alle Gebäude, außer dem Wohnhaus, vernichtet. Später wurden die Bauten an gleicher Stelle etwas großzügiger und geräumiger neu errichtet.

Sehr früh schon (1906/1907) wurde auf der Niedermühle mit Hilfe der Wasserkraft Elektrizität erzeugt, die den gesamten Ort Weyer mitversorgte. Auf einer zeitgenössischen Zeichnung aus dem Jahre 1911 wird die Niedermühle auch als „Elektrizitätswerk Weyer“ bezeichnet.


Die kolorierte Tuschezeichnung von Albert Ebel (1887-1914) ist datiert auf den 1.6.1911.
Die Beschriftung lautet:
Elektrizitätswerk Weyer
Bes. August Heyl
Niedermühle bei Weyer (Nassau).
Sie befindet sich im Besitz der Familie Hans Heyl.

Mit den Bauarbeiten dafür war bereits 1906 begonnen worden. Ein zweiter Dynamo stand auf der „Hütte“ und konnte bei erhöhtem Strombedarf in Betrieb genommen werden. Die Anweisung zur Zuschaltung wurde über eine private Telefonleitung, die zwischen den beiden Mühlen bestand, gegeben. Im Laufe der Zeit reichte die Wasserkraft nicht mehr aus. Es wurde zunächst eine Dampfmaschine und später ein Vergasermotor eingesetzt. Aufgrund erheblichen Wassermangels – irgendwo floss ein Teil des Wassers durch einen Bergwerksstollen in die Lahn ab – wurde das Werk 1918/19 an die Mainkraftwerke verkauft, die bereits alle umliegenden Orte versorgte.

Otto Dänner/Theodor Wittgen: Heimatbuch Weyer, 1928, S. 13+86

Untermühle zu Weyer

Eigentümer: Rat Emmermann zu Diez.

  1. Die Mühle, mit Leyen gedeckt, ist in gutem Zustand, hat einen Mahlgang.
  2. Ein Stall mit Stroh gedeckt.
  3. An Ackerland 1 Sadel (ca. 750 m²), 8 Ruten (ca. 200 m²), 3½ Schuh.
  4. An Wiesen 1 Sadel, 17 Ruten, 1¼ Schuh.
  5. Mahlt nach Weyer, und gibt
  6. Die Eigentümerin 12 und an Wasserlauf 2 Malter Korn (ca. 10 Zentner) Pacht.

Steht aber dermalen wegen dem Bergwerk still, dieses und der Müller müssen aber demnach den Pacht und Wasserlauf entrichten.

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