Am 28.
Februar 1971 hat der bekannte Siegerländer Heimatforscher und Pädagoge
Studienrat i. R. Dr. Wilhelm Weyer in Berlin sein Leben vollendet.
Der berufliche Werdegang und der wechselvolle Lebensweg führten
den Verstorbenen immer wieder in die Fremde. Nach dem 2. Weltkrieg
konnte Dr. Weyer, der seine Heimat so sehr liebte
und ihr stets
treu verbunden blieb, noch zehn Jahre am Städtischen
Gymnasium in Siegen unterrichten, nach dem er vorher in Homberg
(Bez. Kassel), Laasphe, Siegen und Sprottau (Schles.) tätig war,
von wo er und seine Familie 1945 als Flüchtlinge aufbrechen mußten.
Er fand mit seinen Lieben Aufnahme im Pfarrhaus
Wassermungenau (Mfrk.) und vertrat dort die im
Kriegsdienst stehenden Volksschullehrer, anschließend
in Schwabach die am Gymnasium fehlenden Lehrkräfte. |
Bei
seiner Rückkehr nach Siegen
übernahm
er neben seiner pädagogischen Tätigkeit die Leitung des
Stadtarchivs, der städtischen Büchereien und des Museums bis zum
Jahre 1949. Diese Aufgaben erfüllte er als Freund des im Jahre 1941
verstorbenen Vorgängers Dr. Hans Kruse mit ganzer Hingabe. Eiserne
Selbstdisziplin, Güte und ein Herz für die Schwächsten seiner ihm
Anvertrauten machten ihn zum Vorbild eines „modernen“
Lehrers, von dem einer seiner begabtesten Schüler bekannte: „Er
hat mir mehr vermittelt als bloßes Sachwissen: er ist auch nach der
Schulzeit der Lehrer geblieben, dessen tiefe religiöse Bindung und
dessen unbestechliche Fragen nach der Wahrheit mir vorbildlich
waren.“ Schöner konnte ihm kaum ein Denkmal gesetzt werden.
Bereits im Jahre 1924 hat Dr. Weyer, der damals in Laasphe wohnte,
in der Festschrift „Siegen und das Siegerland“ einen
grundlegenden Beitrag über die mundartliche Dichtung des
Siegerlandes veröffentlicht. Unter dem Titel „Laasphe und das
obere Lahntal“ behandelte er im folgenden Jahr die Grafschaft
Sayn-Wittgenstein-Wittgenstein in Vergangenheit und Gegenwart.
Schon bei seiner Promotion
1927 an der Universität Marburg, wo der am 15. Januar 1891 in
Dreis-Tiefenbach geborene Wilhelm Weyer Germanistik, Geschichte und
Religion studierte, hatte der Doktorarbeit
ein Wittgensteiner
Geschichtsthema zugrunde gelegen. Durch gründliche Benutzung
zahlreicher archivalischer Quellen hebt sich – wie Dr. Güthling
anläßlich des 80. Geburtstages von Dr. Weyer schrieb – auch der
Beitrag heraus, den der damalige Altersjubilar |
1961
zur Geschichte der so weitgehend mit dem Siegerland verbundenen
Familie Flender geliefert hat.
Auf eigenes Erleben und auf die heimische Überlieferung griff Dr.
Weyer in beispielhafter Weise für seine im Jahre 1963 in der Reihe
der "Siegerländer Beiträge zur Geschichte und Landeskunde"
herausgekommenen Schrift „Leben und Gebräuche im Netpherland
um 1900" zurück. Mit der Vergangenheit seiner Heimat beschäftigte
sich Wilhelm Weyer auch in der "Geschichte des Netpherlandes“,
die 1967 vom damaligen Amt Netphen herausgegeben wurde. Daneben hat
Dr. Weyer zahlreiche Beiträge in Zeitungen und Zeitschriften veröffentlicht.
Für sein
außerordentlich erfolgreiches Schaffen
wurde
er im November 1958 durch die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes
geehrt. – Die Wirksamkeit, die Dr. Weyer als Vorstandsmitglied des
Siegerländer Heimatvereins sowie als Geschäftsführer des Vereins
der Freunde und Förderer des Museums entfaltet hat, wird unvergänglich
sein.
Nach seiner Pensionierung im Jahre 1956 zog Dr. Weyer aus
gesundheitlichen Gründen in sein „Altersparadies“ nach
Utting am Ammersee, wo er sich noch täglich von früh bis spät mit
heimatgeschichtlichen und theologischen Fragen beschäftigte, das
bereits erwähnte Flender-Buch fertigstellte und nebenher an der
dortigen Klosterschule den Deutschunterricht ehrenamtlich erteilte. |
Ein
Schlaganfall im Jahre 1964
und der unbefriedigende Gesundheitszustand seiner Lebensgefährtin Maria
geb. Wolfrum, einer bayerischen Pfarrerstochter und früheren
Lehrerin, ließen die Übersiedlung in ein Berliner Altersheim
notwendig erscheinen, zumal der einzige Sohn auch in Berlin wohnt.
Bis zu seinem Tode, der nach einem dritten Schlaganfall in einem
Berliner Krankenhaus eintrat, war Dr. Weyer geistig frisch und rege,
wie er sich's immer gewünscht hatte. Die Asche dieses um das
Siegerland sehr verdienten Mannes ruht im Grabe seiner Mutter in
Dreis-Tiefenbach.
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