Zusammenfassung. Das Phänomen des erfolgreichen Scheiterns wird auf die Eigendynamik
sozialer Netzwerke bezogen, die von strategisch handelnden Akteuren geschaffen werden, sich
jedoch gegenüber den manifesten Interessen der Beteiligten verselbständigen. Dies wird anhand einer empirischen Studie zur Geschichte der deutschen Raumfahrt illustriert. Eine Interpretation dieses Sachverhalts mit Mitteln der soziologischen Theorie erfordert ein analytisches
Instrumentarium, das sowohl die Entstehung sozialer Strukturen aus den Interaktionen der
Individuen (Emergenzproblem) als auch die Bindung der Individuen an die von ihnen geschaffenen
Strukturen (Integrationsproblem) beschreibt . Da weder systemtheoretische noch akteurtheoretische
Modelle eine zufriedenstellende Lösung beider 'Rätsel' anbieten, wird eine Verknüpfung von System- und Akteurtheorie vorgeschlagen, die den Akteuren generalisierbare
Interessen unterstellt, welche auf die Handlungslogiken der ausdifferenzierten gesellschaftlichen
Teilsysteme einerseits, auf zweckrationale Kalküle andererseits bezogen werden können.
Die Eigendynamik sozialer Netzwerke erklärt sich somit durch die Tatsache , dass diese eine
eigene, von den beteiligten Akteuren nicht mehr exklusiv kontrollierbare Handlungslogik
entwickeln, die durch das Prinzip der kommunikativen Verständigung geprägt ist. Akteurrationalität, Systemrationalität und kommunikative Rationalität können in ein
widerspruchsvolles und spannungsreiches Verhältnis zueinander treten, das vom individuellen Akteur als
sozialer Zwang empfunden wird und ihm das Gefühl vermittele, mit seinen
Strategien gescheitert zu sein.
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