Johann
W E Y E R

Artikel
aus: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins 1 (1886), S. 57–174

Heinrich Eschbach

Dr. med. Johannes Wier,
(WEYER)
der Leibarzt des
Herzogs Wilhelm III.
von Cleve-Jülich-Berg.

Ein Beitrag zur Geschichte der Hexenprozesse

Ιητρός γάρ ανήρ πολλών αντάξιος άλλων
Ein Arzt, der vieler anderer würdig ist.

Inhalt
Einleitung. S. 57-59
Vaterstadt und Vaterhaus. S. 60-69
Lehr- und Wanderjahre. S. 70-88
Am Clevischen Hofe. S. 88-102
Das Meisterwerk gegen den Hexenwahn und die Hexenprozesse. S. 102-143
Freund und Feind. S. 144-162
Des Lebens Abend und Ende. S. 162-174

Wer hätte nicht schon gehört von Hexenwahn und Hexenprozess, diesem traurigsten Kapitel deutscher Kulturgeschichte seit dem Ausgange des Mittelalters, dieser schrecklichsten der geistigen Epidemien, welcher nicht Tausende, sondern Millionen auf den Scheiterhaufen zum Opfer gefallen sind!...

Nur der Mann, auf dessen Schultern eigentlich diese Helden stehen, der schon beinahe hundert Jahre vor Spee eine ebenso warme Verteidigung der armen Hexen wie gründliche Abfertigung ihrer blinden Verfolger schrieb, dessen ganzes Leben ein mutiger Kampf gegen den Aberglauben war, ist wenig bekannt. Ich meine den Leibarzt des Herzogs Wilhelm III von Jülich-Cleve-Berg, Dr. med. Johannes Wier (=Weyer). Wohl bieten alle literarischen Encyclopädien und Lexika, einzelne Werke über die Geschichte  der Medizin und die eine oder andere lokalhistorische Schrift unter dem Namen des Mannes einige Worte über sein Leben und Sterben, Worte aber, die fast alle entnommen sind der „mit Wahrheit und Dichtung“ durchsetzten Vita, welche der zu Amsterdam 1660 erschienenen Gesamtausgabe von Jo. Wieri opera omnia vorangestellt ist. Nicht besser steht es um die Nachrichten, welche Soldan in seiner Geschichte der Hexenprozesse von ihm gibt, und um die, welche Wilhelm von Waldbrühl (A. W. von Zuccalmaglio) zu einer kurzen Lebensbeschreibung vereinigt hat, die mit der schönen Versicherung schließt, dass die Stadt Tecklenburg, wo Wier begraben liegt, diesem Retter der Ehre unserer Frauen ein Denkmal setzen, und damit eine alte Ehrenschuld des Vaterlandes abtragen wolle. Aber diese Ehrenschuld ist noch nicht abgetragen. Weder jenes Denkmal in Stein ist ihm gesetzt, noch eine besondere Biographie ihm gewidmet worden.

Diese Wahrnehmingen kießen in mir den Entschluss reifen, das Leben und Wirken Wiers zum Gegenstande besonderer Studien zu machen. Schon am 14. Mai 1884 konnte ich in der Sitzung des Düsseldorfer Geschichts-Vereins einen Lebensumriss und eine Skizze von den Verdiensten meines Helden geben in einem kurzen Vortrage, der mit dem Versprechen schloss, in nicht allzulanger Zeit eine ausführlichere Darstellung folgen zu lassen.

[Während ich an der Arbeit war, brachte die Köln. Zeitung vom 19. Oktober 1885, II. Blatt, die Nachricht, dass der neu erwählte Rektor der Universität Bonn, Herr Professor Binz, das Leben und Wirken Wiers (oder Weyers, wie Binz ihn nennt), zum Gegenstande seiner Antrittsrede gemacht hatte und letztere in erweiterter Form dem Druck übergeben würde. Tags darauf erschien das Werk: „Doktor Johann Weyer, ein rheinischer Arzt, der erste Bekämpfer des Hexenwesens. Ein Beitrag zur deutschen Kulturgeschichte des 16. Jahrhunderts. Von Carl Binz, ord. Professor der Medizin zu Bonn. Mit den Bildnissen Weyers und seines Lehrers Agrippa. Bonn, bei  A. Markus.“ Eine Recension brachte die Köln. Zeitung vom 7. November 1885, III. Blatt.

Der Verfasser des Buches schilderte in so vorzüglicher Weise das Leben Wiers und seine Bestrebungen zur Widerlegung des Hexenglaubens und zur Abstellung der Hexenprozesse, und brachte auch seinen Zunftgenossen aus dem XVI. Jahrhundert so meisterhaft zur Geltung, dass ich gleich beschloss, von einer zweiten Biographie in Buchform abzusehen und dem Wunsche mehrerer Mitglieder des Düsseldorfer Geschichts-Vereins zu folgen, meine Arbeit in knapperer Form in diesem Jahresberichte des Vereins niedezulegen.]

Die folgenden Blätter sollen das Versprechen einlösen. Sie bieten die Resultate meiner Beschäftigung mit dem Leben und Wirken des Dr. med. Johannes Wier...

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