W E Y E R
Oberlahn

Buch

Heimatgeschichte und
Heimatbeschreibung

des Dorfes Weyer (Oberlahnkreis)

Herausgegeben anlässlich der Kircheneinweihung 1910

O. Dänner
Lehrer

Wer zuerst die waldreichen Gründe unserer Gegend bei der Jagd auf Auerochsen, Bär und Wolf, Hirsch und Reh durchstreift hat, vermögen wir nicht zu sagen. Desgleichen entzieht sich unserer Kenntnis, wer zuerst im Tal sein Vieh weidete, an den Abhängen das erste Getreide säte und erntete. Jahrtausende sind darnach über das Land gegangen und haben die Spuren verwischt. Und doch haben sich Kennzeichen erhalten, die zurückweisen auf Völker, die schon vor den Germanen unsere jetzige Heimat bevölkerten. Ein solches Wahrzeichen haben wir in der Sprache. Die Kelten waren es, vor den Germanen hier schon Ackerbau und Viehzucht trieben. In ihrer Sprache bezeichneten sie den höchsten Landrücken unserer nassauischen Heimat mit Dun, welches Wort in Taunus eine veränderte Form erhalten hat. Auch den Landrücken nördlich von uns zwischen Laubusbach und Lahn, in seiner Länge sich erstreckend von der unteren Ems bis zur Weil, nannten die Kelten Dun, welches Wort soviel wie Höhe bedeutet. Es ist dies der Gebirgszug, den wir gewöhnlich als Villmarer und Brechener Wald bezeichnen. Die nach den Kelten das Land in Besitz ergreifenden Germanen nahmen von den zurückgebliebenen Einwohnern teilweise die Bezeichnung der Gemarkungs-, Berge- und Flüssenamen an. Aus Dun bildeten sie Duneberg und in alten Urkunden wird Weyer bezeichnet als am Duneberg gelegen. Doch auch dieser Ausdruck hat sich nicht erhalten. Niemand mehr nennt den fraglichen Landrücken Duneberg. Hingegen bezeichnet man noch heute in unserer Gemarkung das Feld am Abhang dieses Landrückens mit Dimberg — Dimmark —, welcher Name nach Ansicht namhafter Gelehrten ohne jeden Zweifel mit Dunberg in verwandtschaftlicher Beziehung steht. Ein schönes Beispiel, wie die Sprache Jahrtausende lang erhält, was sonst längst ins Meer der Vergessenheit gesunken ist. —

Örtlich ist aus der Zeit der Kämpfe der Germanen mit den Römern, desgleichen später der germanischen Stämme untereinander nichts bekannt. Dass auch hier die römischen Kaufleute mit ihren Karren in den Gehöften der Germanen hielten und Schmucksachen und Waffen gegen Felle etc. umtauschten, ist als sicher anzunehmen. Auch folgten die wehrfähigen Männer unseres Tales dem Heeresbann wie in den anderen Gauen. Doch ist Genaueres nicht bekannt und darum soll auf diese Geschichte nicht eingegangen werden.

[Ende Seite 3]

Die älteste Urkunde, in welcher Weyer genannt wird, stammt aus dem Jahre 1053. Dass der Ort schon früher bestanden hat, ist selbstverständlich. Er gehörte zum unteren „Lohngau“. Als Gaugrafen über diesen Gau werden genannt um das Jahr 834 Gebehardus, um 909 Konradus Kurzebold, um 954 Eberhardus, um 1034 Wigerus und Arnoldus und um 1059 Embricho.

Im Jahre 1053, in der vorhin erwähnten Urkunde, bestätigt das „Gotes-Hauß St. Matheis bey Trier Benedikktner Ordens“ von Kaiser Heinrich dem Driten geschenkt erhalten zu haben die königliche Villa Villimar samt allen dazu gehörigen Leibeigenen, Kirchen, Gütern und Zehnten. Unter den Orten, die den Zehnten dem genannten Kloster zu liefern haten, wird auch genannt Wylere, d. i. Weyer.

Es ist daraus ersichtlich, dass Weyer im Jahre 1053 zur Kirche nach Villmar gehörte. Im Jahre 1147 wird diese Schenkung vom Papste Eugen bestätigt, was wiederum beweist, dass in diesem Jahre der Ort ebenfalls noch nach Villmar gehört. Im Jahre 1184 nun schenkte das Kloster Worms Münster und 4112 Bauernhof in Weyer dem neu gegründeten Kloster Arnstein. Es war also unser Ort inzwischen teilweise in den Besitz des Klosters Worms übergegangen. Die verschenkten Höfe sind wahrscheinlich diejenigen gewesen, die in dem Teil des Dorfes gelegen haben, den man noch heute Kloster nennt. Anzunehmen, dass hier einmal ein Kloster gewesen sei, dazu ist ein trift;iger Grund und Anhaltspunkt nicht zu finden. Jedenfalls bezeichneten die Einwohner die verschenkten Höfe als dem Kloster gehörig, kürzten ab und nannten die Besitzungen kurzerhand Kloster, welcher Name sich bis jetzt für den betreffenden Ortsteil erhalten hat. Welche Größe das Dorf in damaliger Zeit gehabt hat und das zu erfahren ebenfalls recht interessant wäre, konnte nicht ermitelt werden.
So gehörte seit 1184 das Dorf, wenigstens ein Teil desselben, zum Kloster Arnstein und blieb in dessen Besitz bis zur Zeit der Reformation. Leben und Treiben der damaligen Zeit ist schön beschrieben in der „Limburger Chronik“. Die Schilderungen treffen zum Teil umso mehr auch für unsere örtlichen Verhältnisse zu, da dem Chronist[en] doch seine heimatlichen Erlebnisse, Bräuche, Siten, Kriege und Krankheiten den Stoff boten, und unser Ort nicht allzuweit von Limburg liegt. Auch bildete damals, wohl noch mehr wie heute, diese Stadt gleichsam den wirtschaft;lichen Mitelpunkt unserer Gegend, und galten die dortigen Maße als Einheitsmaße. Redet man doch noch im 18. Jahrhundert auch hier in Weyer z. B. von dem Limburger Malter und kauft;e und verkauft;e nach diesem Maße. Die genannte Chronik umfasst die Zeit von 1336—1398. Einige Auszüge seien hier wiedergegeben. „Anno 1349. Da kam ein grosses sterben in Teutschlandt. Das ist genant das Grosse sterben, und das erste. Und starben an der Drüsen. Und wen das anging, der starb an
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dem triten tag. Und in der masen sturben die leut in den grosen stäten, zu Coln, zu Meintz etc. Und also meinstlich alle tage mehr dann 100 menschen, oder in der mase, in den kleinen steten sturben teglich, 20. 24. oder 30. also in der weisse. Das werete in jeglicher Stat und Land mehr dann ein viertel Jahrs. Und sturben zu Limpurg mehr dann 2400 menschen, ausgenommen die kind.“ Über die Kleidung der damaligen Zeit erzählt und die Chronik: „Anno 1351. Die Kleidung von den Leuten in Teutschen landen was also gethan. Die alte leut mit namen, trugen lange und weite kleider, und hate nit knauf (Knopf), sondern an den Armen haten sie hier oder fünf knäuf. Die ermel waren bescheidenlich weit. Dieselben röck waren umb die brust ober gemützert und geflützert, und waren vornen aufgeschlitzt bis an den gürtel. Die junge menner trugen kurtze kleider, die waren abgeschniten auf den Lenden, und gemützert und gefalten mit engen armen. Die kogeln waren groß. Darnach zu hand trugen sie Röck mit vier und zwentzig oder dreissig geren, und lange hoicken (Ein Mitelding zwischen Oberrock und Mantel.), die waren geknauft; (geknöpft;) vornen nieder biß auff die füß. Und trugen stumpe schuch. Etliche trugen Kugeln, die haten vorn ein lappen und hinden ein lappen, die waren verschniten und gezatelt. Das manches jahr geweret.
Die Frauwen gingen gekleidet zu Hoff und Dentzen (Tänzen) mit par klei-dern, und den underrock mit engen armen. Das oberste Kleid heise ein Sorket, und war bei den seiten nehen undenauf geschlissen, und gefüdert im winter mit bund, oder im sommer mit zendel, das da zimlich eim jeglichen weib was.“
Ähnlich, wie auch heute oft; Lieder, und leider auch recht unschöne Gassenhauer, gleich einer Welle ganz Deutschland überfluten, von jung und alt gesungen und gepfiffen werden, durch die Drehorgeln und fahrenden Musikanten in die entferntesten Winkel des Landes getragen werden, so verbreiteten sich auch schon damals Lieder über das ganze Land. So erzählt die Chronik: „In derselbigen zeit (1351) jung man ein neuw lied in Teutschen landen, das war gemein zu pfeiffen und zu trommeten und zu allen Freuden:
Wisset, wer den seinen je auzerkieset, und ohn alle schuld sein treuwen freund verlieset, Der wird viel gern siegeloß, (des Sieges verlustig; nicht im Stand, sich zu verteidigen) Getreuwen freund den soll niemand lasen, Wenn man das vergelten nit en kan.“
Oder „In disser zeit (1361) fang man diß lied: Aber scheiden scheiden das thut warlich wehe Von einer die ich gern ansehe und ist das nit unmüglich.“
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„Anno 1363. In disser zeit und Jahr da sande Got ein neuwe plage auf Erdreich, sonderlich in Teutschland. Das waren Heuwschrecken, die kamen und flohen also dick in der luft; vn in dem felt, als hete ein großer Schnee gefallen. Die fielen in die frucht, und thaten großen verderblichen schaden, und flohen dann wider auf. Die wereten von der Erndte biß dass Sie vergingen mit einem reiff und von kelt, bey nahe Sechs gantzer wochen. Auch waren die heuschrecken groß und fet, einer halben spannen lang, und also in der masse. Disse plag kam von großer hoffart.“
„Anno 1375. Da war zumahl ein truckener heiser Sommer, also dass es mehr als zwölf wochen ungeregnet was. Und in dem jahr war also gut korn und frucht, dass man da bey viertzig jahren desgleichen je mocht gesehen (haben.) und galt zu Limpurg in der Ernd under der Sigling (Gleich soviel man mit der Sichel auf einmal abschneidet, Garbe) ein gülden, und zu stund zehen schilling. Und war gut wein in der zeit, und dessen war gar viel worden. Dann die Sonn hate ihn verbrant und versenget, und galt die beste maaß wein zu Limpurg acht alte heller. Und das werete ein jahr nach einander.“
„In dieser zeit (1397) in dem vorgenanten Mah, stund der Wein und Korn in einer gemeinen (gemeinsamen) bliet, und das korn in dissen landen verblüete zu mahl, und ward in dem May railicht (reif), und schneid man reif korn zu brot in den nechsten heiligen tagen zu Pfingsten, zu Bopparden, Soblentz und anderzwo an vielen enden. as malter korn blieb an ein gülden. Und der Wein der best galt vier heller, zween und ein heller. Der war redlich zu trincken. Das werete ein jahr.“ Diese wenigen Proben mögen genügen, ein Bild der damaligen Zeit zu zeichnen. —
Wurden bisher nur die kirchlichen Schenkungen genannt, so darf doch nicht unerwähnt bleiben, welcher Grafschaft; und welchem Gericht Weyer angehörte. Wie ja schon erwähnt, lag es im unteren Lohngau. Der letzte der anfänglich genannten Lohngaugrafen, Embricho, machte die „Grävlichkeit“ erblich und nannte sich, wie dann auch seine Nachkommen, Graf von Diez. So gehörte also das Dorf zunächst zum Lohngau, darnach zur Grafschaft; Diez. Die Gerichtsstäte des Niederlohngaues und danach der Grafschaft; Diez lag in einem heiligen Hain, dem Reckenforst, welcher sich von Dietkirchen nach Limburg zu erstreckte. Der Gaugraf war kaiserlicher Beamter. In seinen Händen war der Blutbann oder die Gewalt über Leben und Tod. Die Gerichtssitzungen waren öffentlich und versammelten sich auf der Malstäte die freien Männer des Gaues. Der Gau war eingeteilt in Hunderte oder Cente. Eine solche Einteilung haten alle Gaue. Man
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bestimmte für eine jede solche Abteilung ein Centgericht. Diesem stand zunächst ein Urteil über Leben und Tod nicht zu. Weyer zählte zum Centgericht Aumenau. Zu diesem Centgericht gehörten noch Dernbach, Seelbach, Falkenbach, Aumenau, Blessenbach, Eschbach, Münster und Wolfenhausen. Die Dingstäte, das ist der Ort, wo die öffentlichen Gerichtssitzungen stattfanden, war zu Dernbach. Hier war auch eine Kirche, die aber gänzlich zerfallen ist.
Im Jahre 1366 war Gerhard von Diez Gaugraf. Seine Finanzen waren zerrütet. Um sich aufzuhelfen, verpfändete er an die Herrn Diederich und Sifride von Kunkel die beiden Centen Aumenau und Schuppach, dazu Ennerich, Hofen, Steeten und Oberdieffenbach, um 1600 Pfund Heller. Im Jahre 1375 überließ er ihnen die genannten Gebiete erblich als Lehen, da er die Pfandsumme nicht zurückzahlen konnte. Diese Ortschaft;en bildeten von da ab die Herrschaft; Runkel, und kamen so die Herrn von Runkel zu gräflichem Recht und zu der Gerichtsbarkeit. Unangetastet von diesen Verträgen und Abmachungen blieben die kirchlichen Besitzungen und Rechte, wie wiederum sämtliche Einwohner des Gaues — mit wenigen Ausnahmen — der Cent- und Gaugerichtsbarkeit unterstanden. Es zählt also seit 1375 Weyer zur Herrschaft; Runkel, die sich später Wied Runkel nannte, nachdem sich um 1430 Dietrich Herr von Runkel mit Anastasia, der Erbtochter der Isenburg-Wiedischen Linie, vermählte.
In der Lehens-Urkunde, welche 1375 ausgefertigt wurde, heißt es u.a.: „Wir Gerhard Graf zu Diez und Wir Getrude seine eheliche Haußfrau thuen kund allen Leuthen, und bekennen an diesem offenen Brief für uns und Unsere Erben, dass geredt ist zwischen Uns uf eine Seite, und Diederich und Sifride Herren zu Ronckel, uf die andere Seite, dass Sie lauterlich und gäntzlich gericht und gesinnet seint“, alle Ansprach und Forderung, welcher Art sie auch sein mögen, nicht mehr zu erheben, weder an uns, noch an unseren Erben. So gab nun Gerhard, Graf zu Diez, Diederichen, Herrn zu Runkel „zu Lehen mit Nahmen die zwo Zinten Schoppach und Ummenauw (dazu gehörte Weyer) mit allem Ihrem zugehore und mit allen den Dörfferen die ihme zufürend und verschrieben seint mit Nahmen mit Endrich mit hoben und Steden und dazu mit Oberendieffenbach mit allem Ihrem zugehore…“
In einer Urkunde aus dem Jahre „dusent vier hondert“, also 1400, wird unser Ort namentlich erwähnt als „Weyher“. In der besagten Urkunde handelt es sich um eine Streitfrage, ob Villmar mitgehöre unter die Herrschaft; von Runkel. Später, im Jahre 1449, wurde diese Frage dahin entschieden, dass den Herrn zu Runkel wird zugewiesen „alle Obrigkeit und Herrlichkeit von Weyer und den anderen genannten Orten, nebst den Jagden und Gerichten bis vor die Tore von Brechen und Villmar.“
[Ende Seite 7]
Um die Mite des 16. Jahrhunderts, also um 1550, traten die Einwohner Weyers zum evangelischen Glauben über. Mit Münster bildet der Ort seit dieser Zeit ein Kirchspiel. Es ist nicht anzunehmen, dass um diese Zeit die alte Kirche erbaut worden sei. Der Turm hat jedenfalls schon längst vorher gestanden, worauf sein Baustil deutet.
Im Jahre 1596 vertauschte das Kloster Arnstein seine Besitzungen in unserer Gegend. Die Herrschaft; Wied-Runkel gab das katholisch gebliebene Lindenholzhausen an Arnstein, und dieses gab dafür seine inzwischen in Münster arg zusammengeschrumpft;en Besitzungen an Wied-Runkel. Ganz sicher sind bei diesem Tausch auch die klösterlichen Besitzungen in unserem Dorf, wie erinnerlich 4½ Bauernhof, an Wied-Runkel übergegangen.
Furchtbare und jammervolle Zeit, wohl die schrecklichste, die unser stilles Tal je gesehen hat, ist die Zeit des 30-jährigen Krieges von 1618—1648. Obgleich nicht an einer der Hauptheerstraßen des Landes gelegen, lag es doch nicht allzuweit von ihnen entfernt, um nicht alle Schrecken dieses Krieges zu kosten. Während wir heute gewohnt sind, dass der Hauptverkehr des Ortes sich auf der Straße nach Oberbrechen und Münster zu abspielt, lag es damals anders. Den steilen Weg nach Villmar zu bis an den Zollstock, von da den Weg nach Niederbrechen und Limburg zu benutzten die Bauern, um auf ihren Karren mit hölzernen Achsen die Produkte des Feldes auf dem Markte in Limburg abzusetzen. Von hier herab wälzten sich auch die ungeordneten und rohen Kriegsscharen ins Dorf, dort Schrecken und Entsetzen verbreitend. Ob Freund oder Feind, war einerlei, einer tat es dem anderen gleich. Die Wunden, die dieser lange Krieg geschlagen, vermochten erst Jahrhunderte zu heilen. Sitlich verdorben, körperlich entkräft;et, religiös fanatisch oder stumpfsinnig war der Rest der Bewohner, welche diese Zeit überlebten. Um des Glaubens willen wurde dieser Krieg geführt. Nein, es war ein Krieg um die alte Herrschaft;, den die Kirche führte. Die Abtrünnigen mit Feuer und Schwert, durch Not und Schrecken der ehemaligen Kirche wieder zuzuführen, das war der Zweck. Aber so dient man keiner vermeintlich guten Sache, und so lässt sich auch Got nicht dienen. Frieden soll die Gotesgemeinschaft; den Menschen bringen, nicht Krieg. Sind nun auch die Schäden geheilt, so kann man doch nicht ohne Schmerzen zurücksehen auf die traurige, verfehlte Zeit. Es ist und bleibt dieser Krieg ein Schandfleck in der Geschichte unseres Volkes, das, um seinem Got zu dienen, sich gegenseitig mit Hilfe fremder Völker zerfleischte, tötete, Eigentum und Wohnungen zerstörte. — Es folgen hier einige Aufzeichnungen, welche den Schaden des Krieges in unserem Dorfe uns miteilen. Doch die Toten, welche der Krieg durch Schwert und Misshandlung, durch Seuche und Krankheit der Dorfesgemeinschaft;
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brachte, konnten ihre Rechnung nicht mehr einsenden, und nicht verzeichnet ist das Elend und die Trauer meinender Müter und Kinder und klagender Väter. Sollte man angesichts solches Elends nicht ruhig und freudig die Pflichtesgaben dem Staate geben, die ihn ermöglichen, durch ein starkes Heer und den Frieden zu sichern?
„Verzeichnis der Unkosten und Schaden, so durch die schwedische Armee bei dem Herab- und kurtz erfolgten Hinaufzug die Unterthanen der Herrschaft; Runkel vom ersten Tag Merk biß uff den April 1634 erliten und außgestanden, als Erstlich
Weyher.
1. Item haben zu Weyher logirt eine Compagnie Dragoner und die Reingrafische Leib-Compagnie zwo nacht und tagh mit 286 pferdt,
2. Item abermal daselbst logirt die Reingrafische Compagnie und des Merkels (?) Compagnie, 4 Nächt mit 222 pferdt,
3. Item Herrn Pfaltz Grauen Ludwig Compagnie eine Nacht mit 107 pferdt,
4. Item abermals Herrn Pfaltz Grauen Reuterei übernacht mit 130 pferdt in besagtem Weyher logirt,
5. Item der Herr von Greiffenstein mit 25 pferdt
6. Item der Regimentsquartiermeister under Herr Scharpfhen eine nacht mit 30 pferdt. Ist an Korn und Hafer bei diesen 6 posten uffgegangen und verfüedert 176 Malter, jedes Malter 2 Rt (Reichstaler),
Item vor Eßen und trinken und was sonsten wir arme Leuthe beyschaffen undt hergeben müßen thut zum wenigstens angeschlagen 939 Rt,
undt was sonsten an Häußern verwüstet, an thüren, fenstern und Mästen zerschlagen und sonsten ahn Haußrath und leinwerck mitgenohmen, thut 215 Rt, zusammen 1154 Rt.
7. Item ein Hauptmann, welcher die Contribution, wie vorgeben, bey den Westerwälder Grauen eingefordert, geben ahn eßen undt trinken 4 Rt,
8. Item bey dieser Armee Uff- undt Abzugh neben einlogirens underschiedtliche partheien komen, welchen ahn Haber, eßen und trinken geben müßen 78 Rt.
9. Item hat Capit. (Name unleserlich), so sein Musterplatz zu Schadeck gehabt, eine Nacht bey uns mit 40 Man gelegen, 15 Rt.
10. Item einem Quartiermeister von Wolfenhausen geben müßen ahn gelt 18 Rt, Haber undt Korn 1 Rt, Essenspeiß 8 Rt, verschiedene pferdte genomen 120 Rt, tut alles zusammen 1397 Rt.“ (Siehe Nassovia, Zeitschrift; für nassauische Geschichte und Heimatkunde, 1909, S. 251.)
und das alles in der kurzen Zeit vom „ersten Mertz bis uff den April 1634.“ Bedenkt man noch, dass der Geldeswert damals [Ende Seite 9]
ein unvergleichlich höherer gewesen ist als heute, so kann man sich einen Begriff von dem entstandenen Schaden machen. Fassen wir nur den Posten 10 genauer ins Auge. Da heißt es u.a. „verschiedene pferdte genomen 120 Rt.“ Nehmen wir an, es wären nur 3 Stück gewesen, so wird eines angerechnet mit 40 Taler. Und heute? Man zahlt da doch für ein gutes Tier das zehnfache, und dass sich die Schweden nicht die schlechtesten herausgesucht haben, liegt auf der Hand. Wollten wir den Schaden mit heutigem Geldeswert angeben, so wäre er mit rund 10 000 Talern oder 30 000 Mark wohl nicht zu hoch gegriffen. —
Ein Krieg, der sonst allgemein nicht in dem Maße bekannt ist wie der vorgenannte, schlug seine Wellen auch bis in unsere Gegend und in unser Dorf. G3 ist dies der Krieg gegen den räuberischen König Ludwig XIV. von Frankreich. Zu beiden Seiten des Oberrheines hausten die Scharen dieses Herrschers wie die Wilden. Der zersprengte Turm des Heidelberger Schlosses zeigt und heute noch die „Arbeit“ dieser Kriegswüteriche. Auch Straßburg brachte Ludwig XIV. in diesen Raubkriegen im Jahre 1681 in seinen Besitz. Um den Räubereien der Franzosen Einhalt zu gebieten, lenkte im Jahre 1692 ein neuer Bund deutscher Fürsten den Krieg gegen den Franzosenkönig in ernstere und nachhaltigere Bahnen. Seit dieser Koalition, von 1692 bis 1697, finden sich in unseren Kirchenbüchern Eintragungen von Geburts- und Sterbefällen, desgleichen von Trauungen unter den hier lagernden Truppen und deren Angehörigen. Die Truppen gehörten zumeist hessischen Abteilungen an. Von den Eintragungen hier zwei Proben:
„1692. Alexander Röckenstein und Anna Katharina Eheleute unter Capitains Busch Compagnie ist am 28. April ein Töchterlein geboren und am 5. May getauft;. Gevater war Anna Elisabeth, Christoph Went corporals frau ward genannt Barbara Elisabeth.“ Das „ward genannt“ bezieht sich auf das getauft;e Kind.
„1694. Johann Jakob Wagner, Soldat unter Hauptmann von Byla, ward nach 3maliger proclamation copulieret mit Anna Eva, Hans Wilt Lohrs Tochter zu Weyer.“ Außer diesen beiden Aufzeichnungen finden sich derer noch eine ganze Menge. Ersichtlich ist aus diesen Niederschrift;en, dass die Krieger mit ihren Familien hier weilten. Man muss dabei bedenken, dass die Krieger damals „Berufssoldaten“ waren, d. h. so lange ihre körperliche Tauglichkeit es ihnen erlaubte, blieben sie im Kriegsdienst. Es war eben der Krieg ihr Handwerk, ihr Beruf, welcher sie und ihre Familie ernährte. Weiter muss man die damalige Kriegsführung mit in Betracht ziehen. In den Sommermonaten kam es allenfalls zu Gefechten und Schlachten. Sobald aber der Winter nahte, machtens sich die Truppen bequem in Stadt und Land und lebten mit und unter den Bürgersleuten, zumal
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wenn ihre Winterquartiere nicht in Feindesland lagen. Dass das Verhältnis ein erträgliches gewesen sein muss, erhellt auch aus dem Umstand, dass Soldaten einheimische Mädchen heirateten, wie das zweite Beispiel zeigt; ferner wird mitgeteilt, dass Einwohner bei der Taufe von „Soldatenkindern“ Gevater standen, wie auch ungekehrt „capitain und corporal“, sowie „capitains und corporals frauen“ als Gevater eingeschrieben sind bei der Taufe von Kindern einheimischer Familien.
Auch der kleine Wappenstein an der Kirche links vom Grundstein stammt aus jener Zeit. Die hier folgende Inschrift; des Steines gibt die weitere Auskunft;.
„Die Wohlgeborene Fräulein Christiana Elisabeth Von Bila Des Wohlgeborenen H. Ludwig Christoph von Bila Fürstlich Hessischen Wohlbestellten Capitain und Der Wohlgeborenen Frauen Juliana Eleonore Von Bila, Gebohren von Habel Liebstes Töchterlein Welche den 12. Tag September 1692 zu Lurelwig Ward Geboren, den 26. Tag April 1694 zu Weier Im Herrn Selig Entschlafen. Ihres Alters 19 Monat und 14 Tag.
Der Sehende (wohl soviel wie Allwissende) Gibt Dich Kaum Mein Sein Platz und Raum. Komm Liebes Kind zu Mir Hier Ist Schon Raum Für Dir.“
Als Überschrift; trägt der Stein die Worte:
„Die Von Byla Die von Habel.“
Das Wappen derer von Byla zeigt im Wappenfeld einen Ast und zwei einander abgekehrte Beile. Das Wappen derer von Habel zeigt eine Häckselmaschine.
Der siebenjährige Krieg von 1756—1763, in welchem Österreich, verbunden mit einer Reihe deutscher Reichsfürsten und Frankreich, gegen Friedrich II. von Preußen kämpft;e, brachte unserem Land und Ort ebenfalls Kriegslast und Kriegseinquartierung. An diese erinnert uns folgende Notiz der Kirchenchronik: „In dem Jahre 1759 am 28. März wurde weyland ein Chur Sächsischer Hauptmann, von Schleiniz, in der Weyerer Kirche beerdigt, vor die Grabstäte wurde gezahlt zwanzig fünf (25) Thlr.“ Bei dem Kirchenneubau wurde das Grab dieses Kriegers aufgedeckt. Es fanden sich daselbst kleine, glashelle Steinchen, in Silber gefasst, offenbar Rangabzeichen, Teile der Offiziersschärpe, Knöpfe der Gamaschen etc. Die sterblichen Überreste des Verblichenen wurden wieder in die alte Gruft; gesenkt. — Auch der große Wappenstein links vom Haupteingang der Kirche stammt aus jener Zeit. Die Übersetzung der Inschrift; lautet:
„Der edle Franz Dumür. Siehe, hier übergeben wir der Erde den edlen Mann und den Herrn von adligem Geschlecht, den Herrn Franz Dumür, einen sich
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sehr verdient gemachten Offizier (Oberst) von dem hochwohllöblichen Königlichen französischen Infanterie-Regiment „De Madame la Dauphiné“ (Frau Kronprinzessin), der aus der gesetzlichen Ehe des hochehrerbietigen und sehr gelehrten R. Dumur, eines ehemaligen unermüdet tätigen Predigers der reformierten helvetischen Kirche, in Lausanne im Jahre des Heils 1704 im Februar hervorging, aber gestorben ist am 4. Februar des Jahres 1760 im Dorfe Erbach bei Kamberg im Winterquartier und am folgenden Tage nach Weyer gefahren wurde, um dort bestatet zu werden. Nachher wurden Leichenfeierlichkeiten nach herkömmlicher militärischer Site veranstaltet und dann die Leichenrede über Josua 23, V. 4 (nach unserer Bibel Josua 23, 14) gehalten: Siehe, ich scheide schnell aus dem Leben wie alle Welt. Joh. Anton Müller. (War der damalige Pfarrer.)
Leichen-Ermahnung:
Hier wurde begraben der edelgesinnte und großmütigste Oberoffizier Dumür, welcher nun von dem Lehen fromm geschieden, uns ermahnt: Ich bin schon in den Hafen eingelaufen; euch bleiben die grausamen Kriege. Schonet mich, bite; schonet euch auch; enthaltet euch alles Wehklagens; dieselben würden allzuschwer auf meinem Grabe liegen.“
Endlich gehört dieser Zeit an noch folgende Aufzeichnung der Kirchenchronik: „1760 am 20. August wurden Wohlgeboren Herr Johann David Barbud, Baron de Mansac auch dortselbst in Dero Ruhestäte gebracht.“ —
Obwohl die Napoleonische Zeit, 1806—1813, mit ihren Folgeerscheinungen dem Lande manchen Segen gebracht hat, — man denke an die Aufhebung der Leibeigenschaft;, an Städte- und Gewerbeordnung, Heereswesen etc. — so ist diese Zeit doch als eine betrübende zu erkennen. Vor allem der nie zu sättigende Ehrgeiz dieses Emporkömmlings zerstörte das Familien- und Lebensglück Tausender und Abertausender. Nassauische Jünglinge kämpft;en auf den heißen Feldern Spaniens oder wurden in Russland ein Opfer des furchtbaren Winters. Wie man sich diesem Druck der Heerespflicht auch zu entziehen wusste, davon hier ein Beispiel. Im Jahre 1806 war es, als ein junger Mann hierselbst, Joh. Philipp Duill, zum Heeresdienst eingezogen werden sollte. Es galt sich der harten Forderung, für den ehrgeizigen Napoleon sich zu opfern, zu entziehen. Die bedrängten Eltern wussten Rat. Es bestand die Bestimmung, dass derjenige, der für eine Familie zu sorgen hate, vom Heeresdienst verschont blieb. Wie das Kirchenbuch nachweist, verlobte sich im September 1806 der vorgenannte Duill mit Maria Sophia, Jakob Damphs Tochter, die kurz vorher zu Pfingsten konfirmiert worden war. Kopuliert wurden die „beiden Kinder“ im Oktober desselben Jahres und ein jegliches ging
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heim in seiner Eltern Haus. Aber als Mann, der eine Familie hate, brauchte er der Fahne nicht zu folgen. — Schlachten sind in diesen vielen Kriegsjahren in unserer Nähe nicht ausgefochten worden. Doch die fortwährenden Kriegslasten ließen Handel und Wohlfahrt nicht aufkommen.
Das Freiheitsjahr von 1813 kam und mit ihm brach die Gewaltherrschaft; Napoleons zusammen. Noch einmal in diesem Jahr sah unser Ort fremde Kriegstruppen hier lagern. Es waren Angehörige der russischen Armee, welche auf ihrem Durchzug nach Frankreich hier Quartier nahmen. So weit die mündlichen Überlieferungen und darüber unterrichten, waren es Kosaken und Kalmücken, russische Reitervölker, welche im Süden Russlands, am Schwarzen Meer und Kaspischen See, ihre Heimat haben. Obwohl sie doch mitgehörten zu den Befreiern Deutschlands, sind sie dem Volke doch nicht in angenehmer Erinnerung geblieben. Das mag wohl — neben dem wilden Aussehen — seine Ursache mit darin gehabt haben, dass diesen Leuten der Begriff Eigentum scheinbar fremd war. Auf jeden Fall legten sie sich ihn so aus, dass alles, was ihr Wohlgefallen erregte, sie als ihr Eigentum betrachteten. Eine furchtbare Krankheit ließen sie hier zurück, den Thyphus. Im Jahre 1814 starben hierselbst 75 Personen, zumeist alle an dieser schrecklichen Krankheit. Das Sterberegister gibt als Ursache des Todes an „Nervenfieber“ oder „gestorben an der leidigen Epidemie“. Um dem Weiterumsichgreifen der Krankheit entgegenzutreten, begrub man die Toten oft; am folgenden Tag, wenn „Herr Amtphysikus Dr. Kraft; atestiert hate, dass der Erblaßte wirklich todt sei.“ Welch ungezähltes Leid sah das Dorf allein in diesem Jahr und alles wieder müssen wir schreiben ins Schuldbuch des Krieges; eine ernste Mahnung, dass ein jeglicher zur Wahrung des Friedens beitrage, was in seinen Kräft;en steht.
Bedeutsame Änderungen in jeder Hinsicht haben die letzten hundert Jahre gebracht. Geschichtlich insofern, dass nahezu sämtliche Rechte der Wied-Runkelschen Herrschaft; hierselbst aufgehoben sind. Den Zehnten hat die Gemeinde nach 1848 abgelöst, bzw. sie hat sich durch nicht unbedeutende Geldmitel losgekauft;. Auf den Grundstücken lastete — schon seit urdenklichen Zeiten — der Getreidezehnte. Jede zehnte Garbe gehörte der Herrschaft;. Die Acker des Dimberg machten insofern eine Ausnahme, dass hier die Zählung der Garben bei jedem neuen Grundstück vorne anhub. Hate also ein Eigentümer auf einem Acker des Dimberg z.B. 18 Garben, auf einem anderen Acker desselben Feldes 16 Garben, so waren 2 Garben dem Zehnten verfallen. Auf dem sonstigen Felde zählte man bei dem zweiten und den folgenden Äckern immer weiter. Es gehörten da im obigen Falle bei 34 Garben 3 zum Zehnten. Kein Getreide durft;e heimgefahren werden, bis der „Zehnteknecht“ die der Herrschaft; zufallenden Garben
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bezeichnet hate. Der Zehnte wurde gewöhnlich hier gedroschen und die Frucht nach Runkel gefahren. — Auch die Jagd, die früher zu den Rechten der Wiedschen Grafschaft; gehörte, ist seit den 48er Jahren Gemeindesache. Mit dem neuen Schulunterhaltungsgesetz vom Jahre 1906 ist endlich auch das alte Recht, nach welchem dem Fürsten von Wied die Bestätigung der Lehrer oblag, aufgehoben worden: Hingegen liegt das Fischrecht im Laubusbach innerhalb der ehemaligen Wiedschen Grafschaft; noch in Händen des Fürsten von Wied. —
Mit 1866, wie allgemein bekannt, hat die Selbständigkeit Nassaus aufgehört und bildet unser Bezirk mit dem ehemaligen Kurhessen und noch einigen kleineren Landesteilen die preußische Provinz Hessen-Nassau.
Die 70. Jahre des vorigen Jahrhunderts brachten der Gemeinde die Konsolidation, 1882 den Straßenbau. Beide, obwohl der Gemeinde viele Tausend gekostet, wiegen in ihren Vorteilen, die sie gebracht und täglich bringen, hundertfach die Zinsen des Kapitals auf, das sie gekostet haben. Endlich die Bahnlinien in unserer Nähe, verbesserte Posteinrichtungen, Fernsprecher und Fernschreiber, Maschinen aller Art, die der Mensch zu seinem Nutzen und Vorteil gebraucht, alle die Wohlfahrtseinrichtungen und Gesetze, usw., usw., alle miteinander Errungenschaft;en des letzten Jahrhunderts oder Gesetze dieser Zeit, welche sich segnend in den Dienst der Menschheit stellen, lassen unsere Zeit trotz aller Gegenrede den Vergleich aushalten mit den besten Zeiten, welche die Geschichte kennt. Unbestreitbar geht der Zug der Menschheit vorwärts, aufwärts, und an einen jeden ergeht die Aufforderung, mitzutaten und mitzuraten am eignen Menschen und an der Gemeinschaft; der Menschen und zwar in selbstloser und gotgewollter Weise. Dann wird es ewig gut stehen um die Dorfesgemeinschaft; und um unser Vaterland. —
Soweit nicht aus dem bisherigen Verlauf der Geschichte unseres Ortes und aus den folgenden Urkunden das Wissenswerte und Interessante über die Kirche sich ergibt, sei hier noch folgendes mitgeteilt. Der Turm stammt aus romanischer Bauzeit. Darauf deutet u.a. der roh ährenförmige Verband seines Mauerwerkes, welcher im Innern des Turmes deutlich erkenntlich ist. Er hat auch noch das romanische Rhombendach (Helmdach). Die vier Giebelseiten haben je 2 rundbogig geschlossene Lichtöffnungen; im Geschoss darunter befinden sich ebenfalls auf jeder Seite — mit Ausnahme der Westseite — je 2 rundbogige Schallöffnungen mit abgestuft;en Bogen. Der Eingang des Turmes zeigt ein Tonnengewölbe; gegenüber dem Eingang in der Ostseite ist eine Wandnische, darüber das Chorfenster. Erbaut wurde der Turm wohl um das Jahr 1000 oder 1100. Nach dieser Zeit baute man bereits in einem anderen Stil, wovon z.B. der Limburger Dom ein Zeugnis gibt. Dieser, um 1235 fertig gestellt, ist schon im [Ende Seite 14]
Übergangsstil errichtet. Er zeigt nicht ausschließlich die rundbogigen Fenster, auch nicht mehr das Rhombendach in der Form wie der Turm unserer Kirche.
Glocken sind 3 vorhanden. Die älteste hat folgende Inschrift;: „Aus dem Feier floß ich, Hans Kerle in F. F. goß mich 1606.“ Die mitlere trägt keine Jahreszahl. Die Pfarrchronik berichtet, dass sie im Jahre 1615 gegossen worden sei.
Die größte Glocke, im Jahre 1910 umgegossen, trägt die Inschrift; der Glocke, deren Stelle sie eingenommen hat. Man wollte den schönen, sinnreichen Spruch dieser Glocke der Nachwelt erhalten und hat ihn darum in die neue Glocke mit eingießen lassen. Die Inschrift; lautet:
„Soli Deo Gloriae.
Weyer. Ach, Bedenck Es Doch, Glocken Klanck Kan Vuiles Loehren, Ge Zum Tempel, Wann Ich Ruf, Das Du Gotes Wort Sollt Hoeren. Wann Mein Schall Zum Boeten Toent, Rufe Got Demuetig An; Bin Ich Eine Sterbeglocke, Dencke, Das Man Sterben Kan. Dieses Aber Wuinsch Ich, Wollte Got Zu Seinem Preis, Das Ich Zum Erschrecken Nie Eines Feuers Glocke Heis. Herr Pfarrer Hommerich, Johann Philipp Hehl, Schultheiß, Theobalt Harrach, Vorsteher, Christoph Lohr, Vorsteher, Adam Lehr, Vorgemeister, Friedrich Knoerr, Vorgemeister, Peter Wuirblauer. Aeldester, Adam Loehr, Aeldester, Johann Peter Muiller, Schuldiener.
Nikolaus Bernhardt von Dieffenbach goß mich, in Gotes Namen floß ich 1799.“
Bei den Reparaturarbeiten an dem Turm fand sich in der kleinen Kuppel über der Zwiebel eine Urkunde. Es ist an demselben Ort wiederum ein Schrift;stück niedergelegt worden. Man hat dasselbe — dazu ein Exemtplar des Limburger Anzeigers, des Weilburger Tageblates und Abschrift; der Urkunde im Grundstein — in eine Blechbüchse gelegt und diese verlötet, damit die Papiere nicht der Witerung ausgesetzt sind. Es folgt hier die Abschrift; der Urkunde in der Kuppel und danach diejenige der Urkunde im Grundstein.
„Im Jahre 1910 — Eintausendneunhundert und zehn — wurde die Kirche hierselbst abgerissen und neu erbaut. Der Turm, ein Baudenkmal aus romanischer Zeit, wurde pietätvoll erhalten, nur schadhaft;e Stellen besserte man aus, so die Bogen und oberen Mauerdreiecke der 4 Turmseiten, die ehedem aus Kalktuff hergestellt waren, führte man nun in Schalstein auf. Die alte Bauform wurde streng gewahrt.“ —
In der Kuppel des Turmes fand sich am 30. April dieses Jahres bei der Reparaturarbeit eine Urkunde, deren Abschrift; hier folgt:
[Ende Seite 15]
„Anno 1709 ist die Jahr rechnung dieser Zeit gewesen, ist ein teuer Zeit, weh und Kriegsgeschrey
Daß Limburger malter Korn hat golten 6 biß siben Daller, dass malter Weit 8 bis 9 Daller dass malter gerst 4 bis 5 und triber.
Dieses Jahr haben die allierten in brabrand den feindt im felt geschlagen ist eine große Schlacht geholten worden, ist aber Vill Volk von der allierten hinten bliben (oder daß feld halten?), den feindt verfolgt bis vor Paris.
Unser gnedige Herr Schafft ist gewesen grof Maxmillian Hinrich, grof zu widt, sein gemall ist gewesen eine graefin zu …….?, 2 söhn haben sie miteinander gezeuget, nachdem ist unser Herr bei Augsburg dot geschossen worden.“
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Die letzte Reihe war unleserlich. —
Von Interesse ist der Umstand, dass nur ein Bürger mit Bestimmtheit behauptete, dass in der Kuppel ein Schrift;stück vorhanden sei. In der Zeit von 1709 bis 1910 war also das Vorhandensein dieses Schrift;stückes dem Bewusstsein der Bevölkerung fast ganz entschwunden. Auch 4 Münzen fanden sich in der Kuppel vor, welche wieder hier beigelegt sind.
Ein an der Westseite des Turmes eingemauerter und beinahe vollständig verkohlter Balken rechtfertigt wohl die Annahme, dass im Jahre 1709 das Kirchenschiff abgebrannt war und neu aufgeführt wurde, während der Turm, vom Feuer wenig geliten, renoviert wurde. —
Es folgen hiermit die Namen der Bürger, welche zur Zeit des Baues der Gemeindeverwaltung angehören:
Georg Datum, Bürgermeister; Philipp Hehl IV, Stellvertreter. Zur Gemeindevertretung gehören: Philipp Fink II, Christian Hehl III, Philipp Seel II, Karl Christmann, Georg Weil, Adam Lehr, Anton Lehr, Adam Hepp IX, Adam Hepp VIII, Christian Völker II, Heinrich Laux, Wilhelm Jakob Müller. — Gemeinderechner ist Jak. Höpp. Die Arbeiten wurden ausschließlich von hiesigen Handwerksleuten ausgeführt. Unternehmer der Mauerarbeiten waren die Meister Gebrüder Wilhelm Jakob Müller und Karl Müller, beide von hier. An dem Bau arbeiteten folgende Maurer, sämtlich von hier: Ferdinand Hautzel, Adam Zanner, August Duill, genannt Jonese, August Duill, genannt Damms, Heinrich Zanner, Wilhelm Kremer, Philipp Jost, Karl Wirbelauer, Heinrich Thönges, Geselle, Herm. Ludwig, Lehrjunge. Unternehmer für Zimmerarbeiten waren die Meister Wilhelm Senlaub und Heinrich Heil, beide von hier. Neben diesen beiden wurden die Zimmerarbeiten ausgeführt von August Heil (Sohn des [Ende Seite 16]
Heinrich Heil), August Fink, Friedrich Weigel aus Eisenbach. Schmiedearbeiten haten übernommen Philipp Seel II. und Anton Böcher, beide von hier. Die Spenglerarbeiten Christian Schneider von hier. Die Dachdeckerarbeiten führten aus Meister Kroh, Geselle Klumm, Lehrjunge Heinzmann, sämtlich von Wolfenhausen.
Bauführer war Herr Vogel aus Idstein, Baumeister der Kirche Architekt Hofmann in Herborn, Dillkreis, Bauherr der Kirche die Kirchengemeinde, des Turmes die politische Gemeinde Weyer. Der Bau war veranschlagt zu 28.000 M, ausschließlich des Turmes. — Nach langer Zeit wirtschaft;lichen Niedergangs hob sich mit diesem Jahre die wirtschaft;liche Lage in Deutschland. Da setzte im April 1910 die Aussperrung der Bauhandwerker ein von seiten des Arbeitgeberverbandes. Hundertausende von fleißigen Händen müssen ruhen, Missionen gehen dem Volksvermögen verloren. Möge Einsicht und ein guter Geist bald Friede schaffen im Bauhandwerk.
Den 24. April d. J. landete das Luft;schiff „Z II“ (Zeppelin), auf der Rückfahrt von Homburg v. d. H. nach Köln begriffen, dicht bei dem Blumenroder Hof bei Linter, unweit Limburg. Es war das erste Luft;schiff dieses Systems, das hier gesehen wurde. Am Montag, den 25. April, mitags gegen 1 Uhr sahen die Einwohner unseres Dorfes den stolzen Segler der Lüft;e nördlich von Weyer dahinfahren, bis er, scheinbar unsicher fahrend, hinter dem Kieferwald des Galgenberges verschwand. Bald kam die Drahtnachricht, dass sich „Z II“ losgerissen habe und bei Weilburg vollständig zertrümmert gelandet sei.
Weyer zählte im Jahre 1910 802 Einwohner in rund 185 Häusern. Die Schule ist dreiklassig. Lehrer sind zurzeit H. Bohrmann und der Unterzeichnete. Weiter besteht hierselbst seit 1899 eine gewerbliche Fortbildungsschule und eine Zeichenvorschule, seit längerer Zeit schon eine ländliche Fortbildungsschule. Ländliche und gewerbliche Fortbildungsschule sind vereinigt. — Seit 1906 hat das Dorf eine elektrische Licht- und Kraft;zentrale in der Niedermühle und Hüte. Am 28. August 1906 brannte von dieser Anlage hierselbst das erste Licht.
Nun noch ein Wunsch:
Der schöne Turm, der diese Urkunde birgt und nun wohl schon beinahe ein Jahrtausend auf die Gemeinde herabschaut, möge auch fernerhin unter sich sehen ein stolzes und freies Geschlecht, arbeitsam und treu, wahrhaft;ig, fromm und gerecht, er möge nur sehen Zeiten des Friedens und der Wohlfahrt und niemals mögen seine Glocken Not und Kriegsgefahr künden.
D a s w a l t e G o t t !
Weyer, den 26. Mai 1910. O. Dänner. [Ende Seite 17]
Zu der in der Kuppel des Turmes gefundenen Urkunde ist nachzutragen: „Um die Herbstzeit (1707) reiste Maximilian Heinrich mit dem Landgrafen Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt nach Stutgart, kam dort mit seinem Veter, dem Grafen Georg Hermann zu Leiningen-Westerburg, in Streit und bei dem Dorfe Schmieden in Zweikampf, wurde von zwei Kugeln getroffen, stürzte vom Pferde und starb in dem Dorfe nach wenigen Stunden. Sein schöner Körper wurde am 12. des Januars in der Kirche zu Runkel bestatet. Mit diesem edelmütigen Fürsten ging für das Land eine gegründete Hoffnung unter. Seine 23-jährige Witwe, Sophie Florentina, führte nebst dem Landgrafen Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt die Vormundschaft; über ihre beiden zarten Söhne. (Reck, Geschichte von Isenburg, Wied und Runkel.)
Der Krieg, welcher genannt wird, war der spanische Erbfolgekrieg, die Schlacht diejenige bei Malplaquet. — Weiter wäre noch nachzutragen, dass Unternehmer der Schreinerarbeiten die Gebrüder Wilhelm und August Hepp von hier sind, Schlosserarbeiten von F. Kurz ausgeführt wurden.
Abschrift; der Urkunde, welche im Grundstein liegt:
„Im Namen Jesu Christi!
Zur Ehre Gotes und zur Erbauung der Gemeinde wird heute am 17. März des Jahres 1910 (eintausendneunhundert und zehn) im XXII. Jahre der Regierung Sr. Majestät Wilhelm II., Königs von Preußen und deutschen Kaisers der Grundstein zum Bau einer neuen evangel. Kirche in Weyer gelegt. Unsere alte Kirche, deren Geburtstag wir leider nicht kennen, war mit Ausnahme des massiven und stilvollen Turmes, dessen Alter sicher tief ins Mitelalter hineinragt, baufällig geworden. Eine Reparatur, wenn sie überhaupt noch möglich gewesen wäre, war auch um deswillen nicht wünschenswert, weil das alte Kirchenschiff sehr klein war. So entschloss sich denn die Gemeinde einmütig unter Beibehaltung des alten Turmes zu einem völligen Neubau, der natürlich auch größer werden sollte. Herrn Architekt Ludwig Hofmann zu Herborn a. d. Dill, zugleich auch Kirchbaumeister unseres Konsistorialbezirks Wiesbaden, wurde die Ausführung des Neubaues übertragen. Unter drei vorgelegten Skizzen wurde von der Gemeinde einstimmig diejenige erwählt, welche jetzt zur Ausführung kommt und unter tunlichster Anlehnung an unsere alte Kirche gehalten ist und den ungeteilten Beifall der königlichen Aufsichtsbehörden fand. Die Kosten des Neubaues sind auf 28 000 M veranschlagt. Da nur eine kleine Bausumme vorhanden ist, so ist die Opferwilligkeit der Gemeinde dankend anzuerkennen, welche die schwere Baulast ohne irgend welche Beihilfe von außen bereitwilligst und einmütig auf sich genommen hat.
[Ende Seite 18]
Bauunternehmer sind für die Erd- und Mauerarbeiten und die dazu nötigen Lieferungen die Herren Gebrüder Maurermeister Wilhelm Jakob und Karl Müller aus Weyer und für die Zimmerarbeiten die Herren Zimmermeister Senlaub und Heil aus Weyer; für die Schmiedearbeit Herr Schmiedemeister Philipp Seel II. aus Weyer, für die Spenglerarbeiten Herr Spenglermeister Chr. Schneider von Weyer und für die Dachdeckerarbeiten Herr Meister Kroh aus Wolfenhausen. Aufseher ist Herr K. Vogel, Techniker aus Biebrich a.Rh. Der Kirchenvorstand besteht zu dieser für die Gemeinde Weyer so wichtigen und bedeutungsvollen Zeit 1. aus Herrn Pfarrer K. Beinhauer (bereits im 32. Jahre Pfarrer zu Münster und Weyer), 2. aus Herrn Bürgermeister a. D. Ph. Fink, 3. dem gegenwärtigen Bürgermeister Herrn Georg Datum II., 4. dem Landwirt Herrn Jakob Duill IV. und 5. dem Landwirt und Schmiedemeister Phil. Seel II. In den Grundstein legen wir außer dieser Urkunde 1. ein Exemplar des Sonntags-blates „Der barmherzige Samariter“, welches viel in unserer Gemeinde gelesen wird; 2. eine Ortskunde von Münster, welche auch wichtige Nachrichten über die alte Kirche in Weyer enthält; den letzten Bericht des Gustav Adolf-Vereins; 4. den letzten Bericht der Kreissynode Runkel; 5. eine Skizze der alten Kirche und einige Münzen.
So wollen wir denn getrost und dankbar fortfahren im Vertrauen auf den lebendigen Got, der bisher so sichtbar geholfen hat, und biten, dass er auch ferner das Werk unserer Hände fördern und der Gemeinde zum Segen gereichen lassen wolle. Wir legen diese Urkunde in den Grundstein des Gebäudes und entbieten namens der Gemeinde den kommenden Geschlech-tern unseren Gruß.
Möchten wir alle, die gegenwärtigen und zukünft;igen Geschlechter in demselben unseren allerheiligsten Glauben stehen und in der Liebe und in derselben lebendigen Hoffnung, denn das Reich unseres Gotes bleibet in Ewigkeit. Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi und die Liebe Gotes und die Gemeinschaft; des heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.“
Wenden wir uns noch in wenigen Worten den eingemauerten Grabdenkmälern zu, soweit sie noch nicht erwähnt sind. An der Nordseite der Kirche sind es deren drei mit folgenden Inschrift;en: 1. Deo Gloria. Hier ruhet Nikolaus Lehr, Gewesener Kirchen Senior allhier Zu Weyer, Starb den 3ten Juli 1720, Seines Alters 83 Jahr.
Got verleihe Ihm Eine Fröhliche Auferstehung.
2. Allhier Ruhet Im Herrn Die Ehr und Tugendsame Jungfrau Maria Lohrin, Niglas Lohrs und Annae Margrethae Eheliche Dochter, Ward Gebohren den Ersten Pfingstag 1672, Starb den 6. Januar 1690; Ihres Alters 17 Jahr, 9 Monat, 18 Tag.
Leichen Text War 2. Samuelis 24, Vers 14: Es Ist Mir Vast Angst, Aber Last Uns In Die Hände des Herrn Fallen, Denn [Ende Seite 19]
Seine Barmherzigkeit Ist Groß. Ich Will Nicht In Der Menschen Hände Fallen. Die Letzten Worte Waren Röm. 14, V. 7: Unser Keiner Lebt Ihm Selber.
3. Der drite Stein ist leider nicht vollständig. Er war gesetzt als Denkmal einer Frau Spanckus, geborenen Völkerin. —
Von einem um des Dorfes Geschichte sich verdient gemachten Manne, dem Kammer- und Forstrat Schmidt und seiner Familie sind vier Denksteine erhalten. Auf der Südseite der Kirche sind eingemauert die Grabdenkmäler des Schmidt und seiner Frau. Die Inschrift;en lauten: „Denk und Danckmal der Ehrfurcht und Liebe welches Dem Wohlseeligen Herrn Herrn Johann Anton Schmidt, viel jahr ia auch verdient gewesenen Kammer und Forstrath des regierenden Herr Graffen zu Wied Runckel mit geruehrten Herzen gewehhet worden von des Wohlseeligen Haergebliebenen Frau und Kinder; geboren den 4. Oktober 1692, in dem Herrn selig entschlaffen im 10. May 1759, seines alters 66 jahr, 5 monath, 6 Tag. Leichen Text Phil. Kap. 3, 13 und 14.“
„Dis ist die Krufft, wohin das Ehrenmahl rufft, darinnen ruhen die Gebeine der Ehr und Tugentsamen frau und kinter Julianna Elisabetha, des Herrn kammer und forstraths Ehelich frau, womit 13 kinder gezeyet, 8 sint vorher gestorben; im jahr 1743 den 15. May ist sie in dem Herrn Jesus seelig entschlaffen.
Dreuen Herzen Ohne Schmerzen rühen wohl in dieser krufft, bis Dich unser Herr Jesus Rufft.“
Im Innern der Kirche, links und rechts vom Eingang zum Turm, sind die Familientafeln des Kammer- und Forstrats Schmidt und seiner Angehörigen angebracht.
Schmidt wurde in Diez als Sohn des Fürstlich Diezischen Oberschultheißen Schmidt geboren, kam als Hütenverwalter nach hier in den damals bedeutenden Betrieb der Blei- und Silbergrube ,Alte Hoffnung", 1713 verheiratete er sich mit Juliana Elisabeth Hepp, Tochter des damaligen Schultheißen hierselbst. An Stelle seines Schwiegervaters wurde er später hier Schultheiß, darauf Oberschultheiß, danach Jagd- und Forstsekretär und zuletzt Kammer- und Forstrat des Grafen zu Wied-Runkel. Weitere Auskunft; über Nachkommen und Familienverhältnisse geben die recht gut leserlichen Inschrift;en der beiden erwähnten Tafeln in der Kirche.
Der Altar der Kirche ist ein Geschenk des Schmidt. Die Kirchenchronik berichtet darüber, dass die Kirche zu Weyer habe „einen marmorsteiner Altar, welchen weyland Herr Kammerrath Schmidt dahin geschenkt hat. [Ende Seite 20]
Die Gemarkung des Dorfes Weyer gehört der nördlichen Abdachung des Taunusgebirges zur Lahn an. Tief eingeschniten ist diese Abdachung durch das Tal des Laubusbaches — Weyerbaches —, das in unserer Gemarkung bis zum Hahnberg von Osten nach Westen, von da bis zum Niedergrund in südlicher und von da in südwestlicher Richtung verläuft;. Die Grundlage des Bodens bilden durchgängig Schiefer. Zwar treten diese nicht überall zu Tage, sind vielmehr oft; bedeckt von Lehm und Sandmassen, durchbrochen von Basalt, Grünstein und Schalstein. Im tieferen Untergrund aber finden sich wieder die Schieferablagerungen.
Unsere Schiefer gehören der Grauwacke-Tonschiefergruppe an und zwar der oberen oder jüngeren Grauwackeformation. Diese nennt man nach ihrem Ablagerungsgebiet in Devonshire die devonische Formation, die Schiefer die devonischen Schiefer. Die Schiefer unserer Gemarkung bezeichnet man als Miteldevonische Tonschiefer. Sie treten an vielen Orten zu Tage, z.B. an der linken Straßenseite nach Münster zu am Guckelberg, im Preußeroth u. a. O. Diese Schiefer sind dünnschichtig und brechen in ebenen Flächen. Vielfach enthalten sie Riesel und sind darum hart. Wo die Schiefer zu Tage treten, haben sie eine Farbe, die ins gelbliche, bläuliche oder weißliche hinüberspielt. Es ist dies nicht die ursprüngliche Farbe. Im frischen Zustand von dunkelblauer Farbe, sind sie im Ausgehenden gebleicht und haben die oben genannten Farben angenommen. Vielfach sind die Miteldevonischen Schiefer durch eine feine Streifung oder Bänderung ausgezeichnet. Diesem Umstand haben sie den Namen Bandschiefer zu verdanken.
Im Miteldevonischen Tonschiefer treten in unserer Gemarkung Dachschiefereinlagerungen auf und zwar im Preußeroth an dem Waldweg nach Münster. Dasselbe Vorkommen haben wir von hier aus in südwestlicher Richtung bei der Grube Morgenstern — in Oberbrechener Gemarkung gelegen, am linken Ufer des Laubusbaches, etwa der einzel stehenden Fichte (Tanne) gegenüber — zu beobachten und in nordöstlicher Richtung in der Langhecke. An diesem Auft;reten des Dachschiefers kann man sehr gut die Richtung erkennen, in welcher sich unser Schiefergebirge lagert, nämlich von Südwesten nach Nordosten. Gleich dem Dachschiefer laufen die anderen Schieferzüge in gleicher Richtung. Es entspricht dies der allgemeinen Faltenrichtung des Rheinischen Schiefergebirges.
Versteinerungen, das sind die Körperreste der Tiere, welche lebten, als das Gebirge sich bildete, finden wir im Dachschiefer auf der Halde der Grube Morgenstern. Bei einigem Suchen erblickt man in dem Schiefer silberglänzende und gelbliche Formen, Glieder, bald größer, bald kleiner, auf der Oberfläche mat glänzend, in ihrer Gestalt zumeist recht verschwommen und undeutlich, welche sich als Trilobiten, Goniatiten, Orthoceren, sowie als Korallenreste erkennen lassen. Nicht [Ende Seite 21]
unerwähnt sei, dass diese Dachschiefer an der genannten Grube, welche sich aber zurzeit nicht im Betrieb befindet, kalkige Bänke einschließen.
Bei Langhecke hat das mächtige Auft;reten dieses Schiefers zu bedeutendem Bergbau geführt.
Abwechselnd mit den Miteldevonischen Tonschiefern lagern sich in der Gemarkung noch die Tentaculitenschiefer. So recht ihren Charakter zeigend finden sie sich im Wassergraben, wenn man von der Straße nach oben geht, rechter Hand. Wo diese Schiefer zu Tage treten, sind sie blaugrau; unverwitert sind sie von gelber Färbung, mild, lassen sich fast ohne Gewalt zu den dünnsten Platen spalten. Die Schichtenflächen dieser Platen sind oft; bedeckt mit einer Menge Schälchen verschiedener Tentaculitenarten, winzig klein. Deutliche Versteinerungen von anderen Arten finden sich etwa 100 Meter unterhalb der Petrimühle am nördlichen Straßenabhang. (Die genannten Versteinerungen sind zumeist in der naturkundlichen Sammlung der Schule vorhanden.)
Der devonischen Formation gehören auch die Schalsteine an. In der Gemarkung Weyer treten diese Steine nirgends in größeren Lagern auf. In der Tiefe scheinen sie häufiger zu sein. Wenigstens trifft man Schalsteine auf den Halden in der Hasel verhältnismäßig zahlreich an. Die Schalsteine, die in Nachbargemeinden, wie in Münster, Niederbrechen, Villmar (Platenkaute) gebrochen und als Bau- und Treppensteine Verwendung finden, sind von grauer, rötlicher, grüner und gelblicher Färbung. Sie erscheinen als ein zusammengesetztes Gestein, dessen Bestandteile, als Ton, Kalk, Feldspatkörner und Grünsteinteile, deutlich zu erkennen sind. Vielfach ist das Gestein von einem Netzwerk von Kalkspat durchzogen, wie man es an den Treppenstufen und Platen in Hausfluren und Küchen an vielen Stellen im Dorf sehen kann. Der Schalstein erscheint immer geschichtet. Die Schichten bewegen sich in ihrer Stärke zwischen dünnen Platen und mächtigen Bänken. Die Schalsteine liefern bei uns fast ausschließlich das Material zum Mauerwerk aus Bruchsteinen. So ist das Schiff der Kirche aus Schalstein (aus dem Bruch oberhalb von Münster) errichtet. Die Treppenstufen hingegen sind Basaltlava aus einem Steinbruch bei Niedermendig, mit Ausnahme der Stufen des äußeren Turmaufganges, welche Schalsteinstufen sind. Der Turm der Kirche zeigt mannigfaltigeres Baumaterial; seine Bausteine sind Basalt, Grünstein, Miteldevonische Tonschiefer, Schalstein und Kalktuff. Vom Grünstein und Kalktuff wird noch die Rede sein.
Eine spätere Zeit der Erdrindebildung bezeichnet man mit dem Namen Tertiärzeit. Während dieser Zeit bildete unsere Gegend zum Limburger Becken gehörig —, den Boden eines Meeres. Höher gelegen als der Binnensee der Oberrheinischen Tiefebene, floss der Limburger See an seiner tiefsten Stelle, der Idsteiner Senke, ab.
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Der oberrheinische Binnensee fand seinen Abfluss ebenfalls an seiner tiefstgelegenen Stelle, in Nordwesten. Dieser Abfluss sägte sich tiefer und tiefer in das Gebirge ein und schuf so die Rheinstrecke von Bingen bis Koblenz. Der Wasserspiegel des oherrheinischen Binnensees senkte sich nun mehr und mehr. Die Idsteiner Senke legte sich als Auerriegel trocken, und ein Abfluss nach dieser Seite fand nicht mehr stat. Eine Zeit lang ist der Limburger See wahrscheinlich ein Binnensee gewesen. Die Wasser dieses Sees haben den ihn vom Rhein trennenden Landrücken durchbrochen und sich so einen Abweg geschaffen. Der Boden dieses Meeres war bedeckt mit Ries- und Geröllabsätzen, desgleichen hier und da mit Ton- und Tonsandablagerungen. Als der Limburger See sich seinen Abfluss in der heutigen Unterlahn geschaffen hate, senkte sich sein Wasserspiegel, und damit vertieft;e sich auch das Bet der Flüsse, die ihre Wasser dem See zuführten. Je mehr nun der See zurücktrat, desto länger wurde der Lauf der Zuflüsse. Indem so die Wasser sich immer tiefer ihr Bet grüben, führten sie den Geröllabsatz an den Hängen der entstehenden Täler mit sich fort. So erklärt es sich, dass wir diese Kiesablagerungen auf den Höhen der Berge finden. Auf dem Galgenberg treten diese Kiesablagerungen in der sogenannten „Rieskaute“ in bedeutender Mächtigkeit auf. Man kann hier deutlich die Schichtung erkennen, die im Wasser vor sich gegangen ist. Die größeren und kleineren Kiesel, weiß und gelblich, sind Quarz, aus zerstörten Quarzgängen herstammend. Der zwischen den Kieseln auft;retende Sand ist oft; gelblich oder rötlich gefärbt. Diese Färbung ist auf Eisenoxid zurückzuführen. — Auch Ton- und Tonsandablagerungen finden sich in der Gemarkung, wenn auch in ganz unbedeutender Menge. Von der Stelle, wo der Weg nach Villmar die alte Weilburger Straße kreuzt, also vom sogenannten Zollstock aus, folgt man der Weilburger Straße nach dem Galgenberg zu. Wendet man nun seine Aufmerksamkeit dem Boden zu, so wird man etwa 200 m aufwärts vom Zollstock auf dem Weg, an den beiden Straßenufern und zu beiden Seiten des Weges eine hellere Bodenfärbung bemerken. Gräbt man ein wenig nach, so findet man weißen Ton. Wie schon gesagt, handelt es sich hier nur um ein ganz geringes Lager. Auch dieser Ton hat sich auf dem Boden des vorhin erwähnten Sees niedergesenkt.
Der Ackerboden in der Gemarkung ist im Durchschnit Löß (Lehm). Entstanden ist er durch die Verwiterung älterer Erdrindenmassen. In der sogenannten Diluvialzeit, d. i. Überschwemmungszeit, wurde er an seinen jetzigen Ort getragen. Die Wasserfluten setzten ihn ab in den tief ins Land einschneidenden Uferbuchten und auf den beiderseitigen Ufergeländen, oft; weit weg von dem gegenwärtigen Flussbet. So lagern die Lößmassen an Orten, wohin jetzt eine Wasserflut nicht mehr gelangen kann. Der Löß erscheint bei uns als ein feinkrümliches,
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inniges Gemenge von zartem Schlämmlehm mit geringem Kalkgehalt. In ihm findet man Kalkknollen in den verschiedensten Formen, die als Kalkmännchen bezeichnet werden. Solche Kalkmännchen findet man unterhalb des Dorfes in der „Lehmkaute“, desgleichen oberhalb des Dorfes auf dem Grundstück des Hch. Völker, wo zurzeit ein Backsteinofen errichtet ist.
Unmitelbar hinter der Niedermühle in der kleinen Schlucht, die sich in südlicher Richtung in den Weilersberg hineinzieht, findet sich Kalktuff. In früheren Jahren war hier ein kleiner Bruch aufgeschlossen. Jetzt liegen die Steine wenig oder gar nicht mehr zu Tage. Nach einigem Graben, hauptsächlich an den Rändern der kleinen Schlucht, stößt man allenthalben auf diesen Kalktuff. Ehedem wurden die Steine als Bausteine benutzt (Turm und altes Schiff der Kirche), auch zu Kalk gebrannt. Der Stein zeigt sich undeutlich geschichtet. Reich ist er an Schneckengehäusen, die oft; noch ihre Farbe haben. Desgleichen findet man kleine Hohlräume in ihm mit Überresten von Holzteilen. Auf jeden Fall ist dieser Kalktuff ein junges Gestein. Noch fortwährend bildet er sich in solchen Wasserbecken, welche von Quellen und Flüssen gespeist werden, deren Wasser gelösten oder geschlämmten Kalk enthalten. — Diese Kalktuffbildungen erinnern an den Salpeterniederschlag im oberen Finkel in dem kleinen Bach, der, die Grenze zwischen der Weyerer und Oberbrechener Gemarkung bildend, dem Laubusbach zueilt. Kurz nachdem das Bächlein den kleinen Wiesengrund verlassen hat und in den Wald eintrit, fallen die Wasser einige Meter in die Tiefe. Hier findet man Bläter und kleine Äste im Bachbet, welche vollständig in den Niederschlag des Wassers eingehüllt sind. Interessant und schön erscheinen die Bläter der Buche, Eiche und Ziterpappel, die oft; einen Zentimeter dick mit der Schicht des Wasserniederschlages eingekleidet sind, in ihrer Form jedoch noch genau zu erkennen sind. Auch faustdicke und stärkere ungeformte Massen bilden sich dort immer neu. So ähnlich war es wohl auch bei der Bildung des kleinen Kalktufflagers, nur dass noch in dem Wasser sich die Gehäuse der darin lebenden Schneckenarten auf den Grund niedersenkten und von den Kalkmassen mit umschlossen wurden. —
Während die Schiefergesteine im Wasser entstanden sind durch Niederschlag und Anschwemmung zerstörter Ursteingebirge, durch den Druck der Erdmasse oder durch ihre Bestandteile (Rieselsäure), bzw. durch beide Umstände zu ihrer verschiedenen Festigkeit kamen, sind Basalt und Grünstein sogenannte Eruptivgesteine, entstanden aus der glutflüssigen Lava von Vulkanen.
Basalt findet sich an einer einzigen Stelle in der Gemarkung, im Hahnberg, durch den Steinbruch aufgeschlossen. Die sehr regelmäßigen, schlanken, steilstehenden Säulen des Basaltes werden zu
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Pflastersteinen etc. verarbeitet. In früheren Jahren führte eine Brems-bahn nach der gegenüberliegenden Straße, die aber im Jahre 1906. wegen Bau-fälligkeit abgerissen wurde. Die junge, aufblühende Basaltindustrie des nahen Westerwaldes, welche durch das weit verzweigte Eisenbahnnetz die teure Achsenfracht nicht zu tragen hat, hat den Betrieb dieses Bruches eingeschränkt.
Auf den Oberflächen der Steine findet man oft; moos- und baumförmige Gebilde, sogenannte Dendriten.
Die gemeinhin als Grünstein bezeichneten Diabase treten häufig in der Gemarkung auf. Der Berg, auf welchem die Kirche steht, sowie der gegenüber-liegende Zimberg (Lei, Wingert) sind Bergkuppen aus Diabas. Der Diabas ist nicht geschichtet. Vielfach sondert er sich in unregelmäßigen Blöcken ab. Er ist ein äußerst festes, zähes Gestein. An der Oberfläche ist er durch die Wite-rungseinflüsse oft; von weißgrauer Verwiterungsmasse umgeben. Diese Verwiterung trit auch in den Stein ein. An frischen Bruchstellen kann man in der Mite einen grünen Kern erkennen, der von einer dunkleren, bräunlich grünen Verwiterungsmasse umgeben ist. Auch von Kalkspatadern ist der Diabas hin und wieder durchzogen. An manchen Stellen, so am oberen Ende des steilen Pfades, der hinter der Schule nach dem Zimberg führt, am Schul-berg, hat der Diabas ein schiefriges Gefüge. Man kennt diese Bildung Diabas- oder Grünsteinschiefer. Diese Form des Diabases ist durch mechanische Ver-schiebung entstanden infolge Druckes der Erdrindemassen bei Entstehung des Gesteines. Nicht überall trit der Diabas als dichtes Gestein auf wie am Schulberg, in den Wingerten u. a. O.
In körniger Form findet er sich hier und da auf der Lei, am Wege nach Oberbrechen zu bei dem Wegstein 2,4 etc. Man bezeichnet diese Art als körnigen Diabas zum Unterschied vom dichten Diabas. Auch sieht man Schalstein und Grünstein oft; wechsellagernd so ineinandergreifen, dass man beide Arten, zumal wenn sie an der Oberfläche schon etwas verwitert sind, kaum voneinander unterscheiden kann. In dieser Art lagern sich die Gesteinsmassen direkt unterhalb der Gemarkungsgrenze nach Oberbrechen zu, an der rechten Seite der Landstraße.
Zu den vulkanischen Gesteinen wäre noch der Bimssteinsand zu rechnen, wie er sich in einigen Nestern in der Gemarkung lagert. Diese Sandlager sind von geringer Größe. Sie lagern im Löß. Der Sand ist als Bausand geschätzt. Zurzeit wird solcher Sand gegraben auf dem Grundstück des Georg Hepp am Hütenberg und des Jakob Duill in der Riesgrübe. Auf dem jenseitigen Ufer der Lahn, auf der Westerwaldseite, finden sich solche Sandlager in größerer Menge. Die mächtigsten Lager hat man am Laacher See bei Andernach, welcher bekanntlich den Krater eines erloschenen Vulkans ausfüllt. Früher neigte man zu der Ansicht, dass von jenem erloschenen Vulkan die [Ende Seite 25]
Sandmassen bis über den ganzen Westerwald und auch in unsere Gegend getrieben seien. Doch ist wohl begründeter, anzunehmen, dass diese Sandablagerungen in unserer Gemarkung von vulkanischen Ausbrüchen des Westerwaldes herrühren. Es liegt auch die Ansicht nicht fern, dass der Sand von dem nah gelegenen Hahnberg stamme. Doch hat eine verhältnismäßig so unbedeutende vulkanische Eruption, wie sie bei dem Hahnberg vorlag, wohl nicht solche Sandmassen ausgeschleudert. —
Zu einem floten, bergmännischen Betrieb haben im 18. Jahrhundert die blei- und silberhaltigen Erzgänge der Grube Alte Hoffnung geführt. Die Erzgänge dieser Grube durchsetzten die in häufiger Wechsellagerung anstehenden Schichten des Gebirges. So führt der blei- und silberhaltige Gang durch Miteldevonischen Tonschiefer, Tentaculitenschiefer, Schalstein und Diabas, bzw. Schalstein- und Diabasschiefer. „Nach Odernheimer (Das Berg- und Hütenwesen in Nassau) haben die einzelnen Gesteine einen Einfluss auf die Erzführung und Mächtigkeit insofern wahrnehmen lassen, als an dem Wechsel von Tonschiefer mit Diabas hauptsächlich silberarmer Bleiglanz, ferner da, wo Tonschiefer mit Schalstein wechselte, fast nur silberreiche Fahlerze brachen, dagegen an den Stellen, an denen der Schalstein kompakt anstand, der Gang taub und wo letzterer dichten Diabas durchsetzte, er zum Besteg verdrückt war. Da dieser Fall nach der Teufe zu immer häufiger eintrat, wurde der Betrieb im Jahre 1846 eingestellt.“
Die Schulchronik schreibt: „Die hiesige Blei- und Silberzeche Alte Hoffnung kam mit dem Jahre 1846 ganz außer Betrieb, nachdem die reiche Gewerkschaft; der Blei- und Silbergrube zu Holzappel mehr denn ½ Million Gulden auf Versuchsarbeiten Zubuße gehabt hate. Behufs der Förderung und Hebung der Grundwasser aus einem mehr denn 30 Lachter tiefen Kunstschachte war mehrere Jahre eine Dampfmaschine von 20 Pferdekräft;en in Bewegung. Diese Dampfmaschine, welche etwa 36 000 Taler kostete, wurde an die Englisch-Deutsche Gewerkschaft; zu Nister bei Hachenburg verkauft; um so viel hundert Gulden, als sie tausend Taler gekostet. Aus dem Gebäude, in dem die Dampfmaschine stand, wurden Wohnungen gemacht.“
Wie schon erwähnt, war der Betrieb früher ein glänzender. Auf dem Anwesen des Zimmermeisters Senlaub, welches ja jetzt noch den Namen Hüte führt, wurden die gegrabenen Erze verhütet. Nebenbei sei erwähnt, dass die Hüte nachher in eine Papierfabrik umgebaut wurde und danach in die zurzeit bestehende Holzschneidemühle.
An Eisensteingruben waren in Betrieb oder es sind auf Brauneisenerz verliehen die Grubenfelder Paula, Plate, Staffelsgewann, Stallfeld, Sandkaute, Bangert, Preußeroth, St. Jakob, Guckelberg, Dünberg, Weilersberg, Mühlweg, Germania, Hauptwald, Esp, Eisen- [Ende Seite 26]
krone, Neuglück und Ratzenloh. Die Eisenerzgruben haben im Durchschnit Schiefer im Hangenden, Diabas oder Schalstein im Liegenden.
Auf Dachschiefer sind verliehen: Vereinigung, Adolf III. und Ausm Wert.
Die Talsohle liegt rund 200 m über dem Meeresspiegel. Die Höhe bei der Judenschneise beträgt 271 m; der Hahnberg ist 237 m hoch, der Galgenberg 274.
Die Gemarkung hat eine Größe von 640 ha (genau 639 ha 30 a 97 qm).
Davon sind Wiesen....................................... 34 ha oder 136 Morgen,
   „       „    Acker ....................................... 365 „    „  1460     „
   „       „    Wald ........................................ 191 „    „    764     „
   „       „    Wege, Bäche, Mühlgräben etc. ....   31 „    „    124     „
   „       „    Ortsbering .................................    9 „    „      36     „
   „       „    Gärten ....................................... 10 „    „      40     „
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640 ha oder 2560 Morgen.
Nicht miteinbegriffen ist der Wald der Gemeinde bei der Langhecke.
Wert und teuer sei uns die heimatliche Scholle, welche seit Jahrtausenden den Schweiß der Fleißigen getrunken, und heilig sei und das Land unserer Väter, das aufgebracht und uns geleistet hat, was kein Land der Erde vermochte.
„Es hat an dem Himmel die Sterne gezählet, Hat tief in den Gründen durchforscht den Schacht, Hat Steine zu atmendem Leben beseelet, Hat Lieder von ewiger Schönheit erdacht —".
Diesem unserem Vaterlande gelte unser Leben, unsere Arbeit, unser Beruf.

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